Vorwort
American Express (AXP) wurde 1850 als Postdienstleister gegründet und ist seit nunmehr 173 Jahren erfolgreich im Geschäft. Nach dem berüchtigten “ Salad Oil Skandal “ 1966 verlor American Express rund 50% seines Börsenwertes und Warren Buffett kaufte die ersten Aktien des Unternehmens. Heute hält er über 20% der ausstehenden Aktien.
Nun hat American Express seine Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr 2022 veröffentlicht und wir wollen einen Blick darauf werfen, die Investmentthese aktualisieren und einen fairen Wert pro Aktie schätzen.
Geschäftsentwicklung 2022
American Express gilt als Gewinner der Pandemie. Das Unternehmen ist gestärkt aus der Pandemie hervorgegangen. Die Wachstumsraten bei allen relevanten Kennzahlen waren sehr beeindruckend.
Der erste Blick gilt dem Network Volume. Dieses ist im Geschäftsjahr 2022 um +21% auf 1.552,8 Mrd. USD gestiegen. Das über das Netzwerk von American Express abgerechnete Volumen beeinflusst die „Discount revenues“ maßgeblich.
Die Zahl der ausgegebenen Karten ist ebenfalls stark gestiegen und liegt nun bei 133,3 Millionen. Dies entspricht einem Zuwachs von 10%. Die durchschnittliche „Discount Rate“ lag mit 2,34% leicht über dem Vorjahresniveau.
Auch die durchschnittliche Kartengebühr ist von 74 USD im Jahr 2021 auf 82 USD um +11% gestiegen. Der Anstieg der Kartenanzahl und des Transaktionsvolumens führt zu einem deutlichen Anstieg der Kreditforderungen, die wiederum die Basis für die Zinserträge bilden. Sie erreichen im 4. Quartal mit 171 Mrd. USD ein „All-time-high“.
Insgesamt führt diese bemerkenswerte Entwicklung zu einem Umsatzwachstum von +25% im Jahr 2022. Insbesondere die Discount Revenues, die Service Fees und das Net Interest Income konnten gesteigert werden.
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für American Express und das Kreditkartengeschäft sind die „Credit Metrics“, die die Qualität der Kunden und das Kreditausfallrisiko angeben. Letzteres liegt derzeit deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau. Dies liegt unter anderem an den in der Regel besser verdienenden Kunden von American Express, aber auch an den strengen Kreditkonditionen und dem guten Risikomanagement.
Es wird jedoch erwartet, dass sich die Werte im Laufe der Zeit wieder auf das Vor-Corona-Niveau einpendeln werden.
Das höhere Transaktionsvolumen führt zwangsläufig auch zu höheren „Variable Customer Engagement Expenses“. Insgesamt sind die Aufwendungen mit +24% in etwa gleich stark gestiegen wie die Erträge.
Letztlich wurde das Ertragswachstum, das leicht über den operativen Aufwendungen lag, durch die Zuführung zu den Kreditrisikovorsorgen überkompensiert, so dass das Nettoergebnis von American Express im Jahr 2022 mit 7,4 Mrd. USD um etwa -7% niedriger ausfallen wird als im Jahr 2021.
Für das kommende Jahr erwartet das Management von American Express ein Umsatzwachstum von 15% bis 17% und einen Gewinn pro Aktie von 11,00 USD bis 11,40 USD. Mittel- bis langfristig strebt das Unternehmen ein jährliches Umsatzwachstum von über 10% und ein EPS-Wachstum im mittleren Zehnerprozentbereich an.
Investmentthese und Fair Value
An dieser Stelle möchten wir neben einem fairen Wert je Aktie auch die Chancen und Risiken eines möglichen Investments in die American Express Aktie aufzeigen.
Premiumkunden reduzieren Kreditausfallrisiken
American Express weist unterdurchschnittliche Ausfallquoten auf. Dies ist vor allem auf den Kundenstamm, der in der Regel über ein überdurchschnittliches Einkommen verfügt, die strengeren Kreditbedingungen und das gute Risikomanagementsystem zurückzuführen.
„Credit metrics remained strong, supported by the premium nature of our customer base, our exceptional risk management capabilities and the thoughtful risk actions we have taken for the year.“
Steve Squeri, CEO American Express – Q4 Call
Gegenwind durch Zinssteigerung erwartet
Ein Aspekt, der sich eher kurzfristig auswirken könnte, ist der von American Express erwartete Gegenwind durch steigende Einlagenzinsen. Durch die Zinserhöhungen verteuert sich die Finanzierung für die Finanzinstitute.
„The rising interest rate environment has had a fairly neutral impact on our results in ‘22 as deposit betas lagged the rapid and steep benchmark rate increases during the year. However, when you think about 2023, deposit betas are now in line with more historical levels. So I would expect the year-over-year impact from rising rates to represent more of a headwind in 2023.“
Jeff Campbell, CFO American Express – Q4 Call
Weiteres Wachstum durch starke Marke
Die Marke American Express und die damit verbundenen Vorteile sind auch für junge Kunden attraktiv. Im vergangenen Geschäftsjahr wurden 12,5 Millionen neue Karten ausgegeben, rund 60 Prozent davon sind Millenials und Angehörige der Generation Z.
„The investments we have made in our value propositions continue to attract large numbers of new premium customers. We acquired 3 million new card members in the fourth quarter even as we increased our already high credit thresholds through the year. For the full year, new card acquisitions reached a record level, growing at $12.5 million and nearly 70% of our new accounts acquired are on our fee-based products. Millennial and Gen Z customers continue to be the largest drivers of our growth, representing over 60% of proprietary consumer card acquisitions in the quarter and for the full year.“
Steve Squeri, CEO American Express – Q4 Call
Hohe Kundenbindung
Besonders erwähnenswert ist aus unserer Sicht, dass American Express eine sehr hohe „Retention Rate“ hat. Das bedeutet, dass über 90% der Karteninhaber ihre Karte Jahr für Jahr behalten und nicht kündigen. Dies ist ein sehr großer Vorteil und spricht für die Qualität des Angebots.
„If you think about spending, in our model, we talk a lot about the fact that we have, I think, by the standards of most industries, remarkably high retention rates in the high 90% range. And that’s a real key strength of our model. Once we get someone into the franchise, they intend to stay.“
Jeff Campbell, CFO American Express – Q4 Call
Geschlossenes System bietet Vorteile ggü. reinem Zahlungsnetzwerk
American Express bietet über seine Geschäftsbereiche Kartenausgabe (card-issueing), Händlerakquisition (merchant-aquiring) und Kartennetzwerk (card network businesses) eine umfassende Zahlungslösung an. American Express steht als Kartenherausgeber in direkter Beziehung zu den Kartenmitgliedern und als Acquirer zu den Händlern, verwaltet alle Aspekte dieser Beziehungen und hat direkten Zugang zu den Transaktionsdaten.
Die integrierte Zahlungsplattform von American Express ermöglicht es, die Ausgabedaten der Kartenmitglieder zu analysieren und Algorithmen und Analysewerkzeuge zu entwickeln, die zur Risikobewertung, Betrugsreduzierung und zur Bereitstellung von zielgerichtetem Marketing und Dienstleistungen für Händler und Kartenmitglieder eingesetzt werden. Das Unternehmen sammelt ferne über Partnerschaften auch Informationen von Drittanbietern, um sein Angebot weiter zu verbessern.
Dies bildet ein geschlossenes System, dass sich deutlich von VISA und Mastercard unterscheidet.
Wettbewerbsvorteile durch einzigartiges Rewards Programm und starke Partnerschaften
Das Mitgliedschaftsprämienprogramm von American Express ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal für das Unternehmen, da es den Kunden wertvolle Anreize und Belohnungen für die Nutzung ihrer American Express-Karte bietet. American Express hat starke Partnerschaften mit Fluggesellschaften, Hotels und anderen Reiseunternehmen sowie mit Händlern und Einzelhändlern aufgebaut, die dem Unternehmen zusätzliche Einnahmen und Loyalität verschaffen.
Dividendenwachstum und Aktienrückkäufe
American Express verfolgt eine sehr konservative Dividendenpolitik. Die Dividenden Payout Ratio wird bei ca. 20-25% des Net Income gehalten. Die CET1 Capital Ratio soll bei ca. 10-11% gehalten werden. Zuletzt hat American Express angekündigt, die Dividende von 0,52 USD pro Aktie auf 0,60 USD pro Quartal zu erhöhen.
Risiko Kreditkartenschulden
Die Amerikaner nutzen ihre Kreditkarten intensiv für alltägliche Einkäufe und zum Bezahlen von Rechnungen. Dies spiegelt sich auch in der Entwicklung der Kreditkartenschulden wider. Diese haben einen Rekordwert von fast 950 Mrd. USD erreicht.
Auch wenn wir schon gesagt haben, dass American Express vor allem Kunden mit höherem Einkommen hat, ist dieses Risiko nicht zu unterschätzen. Das ist eine beunruhigende Entwicklung.
Risiko Rezession in den USA
Kurzfristig ist das Risiko einer Rezession in den USA hoch. Die FED erhofft sich eine „sanfte Landung“ durch die starken Zinsenerhöhungen, doch es ist offen wie die wirtschaftliche Entwicklung 2023 sein wird.
Sehr ambitionierte Wachstumsziele
Das Management von American Express strebt für die Folgejahre ein regelmäßiges Umsatzwachstum von über +10% an. In den Jahren 2021 und 2022 war dies aufgrund von Sondereffekten (v.a. Pandemie-Nachholeffekte) möglich, in Zukunft dürfte dies deutlich schwieriger werden.
Für die Jahre 2011 bis 2022 beträgt die CAGR des Umsatzes 5,3%.
Fair Value und fundamentale Kennzahlen
Da das Cash Flow Statement für Finanzinstitute, zu denen American Express gehört, nicht wirklich aussagekräftig ist, verwenden wir das Excess Returns Modell zur Schätzung und versuchen, diese Schätzung mit einfachen Multiplikatoren zu plausibilisieren.
Nach dem Excess Returns Modell errechnen wir einen fairen Wert pro Aktie von ca. 170 USD. Dies bedeutet, dass die Aktie derzeit bei einem Kurs von 179 USD überbewertet ist.
Dies bestätigen auch die Multiplikatoren. Sowohl das KGV, das KBV als auch die Dividendenrendite deuten derzeit eher auf eine Überbewertung der American Express Aktie hin.
Aktuell | 3 Year Avg | 5 Year Avg | 10 Year Avg | |
---|---|---|---|---|
KGV (NTM) | 16,30 | 17,83 | 16,39 | 15,45 |
KBV | 5,33 | 4,69 | 4,54 | 4,21 |
Dividend Yield | 1,3% | 1,44% | 1,45% | 1,46% |
Außerdem verfügt American Express über ausgezeichnete fundamentale Kennzahlen. Die Profitabilität und Rentabilität bewegen sich seit Jahren auf hohem Niveau.
Fazit zur American Express Aktie
American Express verfügt über eine Reihe von Wettbewerbsvorteilen, die es dem Unternehmen ermöglicht haben, seine Position als einer der führenden Anbieter von Kreditkarten und Finanzdienstleistungen zu behaupten. Einige dieser Vorteile sind
- Starke Markenbekanntheit: American Express ist eine etablierte und angesehene Marke mit einer langen Tradition in der Bereitstellung hochwertiger Finanzprodukte und -dienstleistungen für Verbraucher.
- Hochwertiger Kundenstamm: American Express hat den Ruf, wohlhabende Verbraucher und Unternehmen zu bedienen, was einen erstklassigen Kundenstamm schafft, der für Händler attraktiv ist und das Geschäftsmodell des Unternehmens unterstützt.
- Breite Produkt- und Dienstleistungspalette: American Express bietet eine breite Palette von Produkten und Dienstleistungen an, die über Kreditkarten hinausgehen, darunter Reiseservices, Versicherungen und Bankdienstleistungen, die zusätzliche Einnahmequellen und Cross-Selling-Möglichkeiten bieten.
- Einzigartiges Rewards-Programm: Das Rewards-Programm von American Express ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal für das Unternehmen, da es den Kunden wertvolle Anreize und Belohnungen für den Einsatz ihrer American Express Karte bietet.
- Starke Partnerschaften: American Express hat starke Partnerschaften mit Fluggesellschaften, Hotels und anderen Reiseveranstaltern sowie mit Händlern und Einzelhändlern aufgebaut, die dem Unternehmen zusätzliche Umsätze und Kundenbindung bringen.
Der Ausblick des Managements ist recht optimistisch und durchaus ambitioniert. Bislang scheint die Strategie aufzugehen. Der drohende wirtschaftliche Abschwung birgt zwar Risiken, aber American Express scheint gut darauf vorbereitet zu sein.
Insgesamt handelt es sich um ein hervorragendes Unternehmen, der Aktienkurs ist jedoch aus unserer Sicht derzeit zu hoch. Die Aktie von American Express ist überbewertet.
Vielen Dank fürs Lesen!
In diesem Beitrag erwähnte Aktien
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Die Analyse stellt keine Anlagenberatung dar oder eine Empfehlung zum Kauf oder Verkauf der Aktie. Der Autor ist in die Aktie nicht investiert.
Quelle Beitragsbild: CANVA, Pixabay, TIKR, Unternehmenswebsite, Titelbild: H&M Presse Website